Jeder Mensch, der anfängt zu trainieren, sollte sich früher oder später das Ziel setzen, Muskeln aufzubauen. Denn das bringt enorme Vorteile mit sich und wirkt sich positiv auf die Lebensqualität aus. Doch leider verbinden viele Menschen Muskelaufbau automatisch gleich mit einem maskulinen Körper, breiten Schultern, einem dicken Bizeps und einem eingeschränkten Bewegungsspielraum.
Das ist falsch und kann bei mangelnder Information dazu führen, dass man einen wesentlichen Teil des Fitnesstrainings vermeidet und vernachlässigt.
Deshalb möchten wir, dass du von jetzt an den Muskelaufbau einfach als Krafttraining betrachtest. Du wirst stärker, im Alltag leistungsfähiger, du erhöhst deine allgemeine Lebensqualität und verlangsamst den natürlichen Alterungsprozess.
So funktioniert Muskelaufbau (schnell und vereinfacht erklärt)
Muskelwachstum, auch Muskelhypertrophie genannt, ist ein faszinierendes und komplexes Thema. Der Prozess verläuft in mehreren Phasen, die durch körperlich anstrengende Bewegung und/oder Krafttraining ausgelöst werden.
Es gibt zwei Haupttypen von Muskelhypertrophie:
1) Myofibrillär – hier werden die Myofibrillen in einer Muskelfaser vermehrt.
Myofibrillen sind sehr feine Fasern, die Proteine enthalten, welche für die Kontraktion und Entspannung unserer Muskeln verantwortlich sind.
Wenn die Anzahl der Myofibrillen zunimmt, führt dies in der Regel zu einer Steigerung der Kraft und weniger der Muskelmasse.
2) Sarkoplasma – hier werden die Muskelzellen im Sarkoplasma mit Flüssigkeit angereichert. Diese Flüssigkeit umgibt die Myofibrillen und enthält Wasser, ATP, Proteine und andere Moleküle, die für die Energiespeicherung, -produktion und -ausdauer der Muskeln verantwortlich sind.
Das sarkoplasmatische Wachstum führt zu einer erhöhten Flüssigkeitskapazität, die den Muskeln ein größeres Aussehen verleiht, aber keinen direkten Kraftzuwachs bewirkt.
Du kannst dein Training so gestalten, dass es auf die Art von Muskelwachstum ausgerichtet ist, die du anstrebst.
Unabhängig davon deuten die Forschungsergebnisse darauf hin, dass allen trainingsinduzierten Muskelzuwächsen drei primäre Mechanismen zugrunde liegen: mechanische Spannung, Muskelschädigung und metabolischer Stress (1).
1: Mechanische Spannung
Ist die Kraft oder Spannung, die versucht, unseren Muskel gegen die Kontraktion zu dehnen. Zum Beispiel das Heben einer Kurzhantel, um einen Bizepscurl auszuführen.
2: Muskelschaden
Trainingsbedingte Muskelschäden treten auf, wenn wir eine neue Bewegung zum ersten Mal machen, eine Übung auf ungewohnte Weise ausführen, neue Techniken erlernen oder den Umfang oder die Intensität einer Übung erhöhen. Die größte mechanische Spannung entsteht in der Regel in der exzentrischen (Verlängerungs-/Dehnungs-) Phase einer Übung. Beim Bizepscurl zum Beispiel ist die exzentrische Phase der Übung die Phase, in der das Gewicht wieder in die Ausgangsposition gesenkt wird.
Die verursachten Muskelschäden sind in der Regel klein und werden oft als Mikroschäden oder Mikrorisse bezeichnet und äußern sich nach dem Training meist in Form von Muskelkater.
3: Metabolischer Stress
Metabolischer Stress während des Trainings bedeutet, dass sich im Muskel Stoffwechselprodukte ansammeln, wenn er anfängt zu ermüden. Viele von uns kennen das “Brennen” oder “Pumpen”, wenn wir eine Übung mit minimaler Pause oder bis zum Versagen wiederholen.
Diese primären Mechanismen signalisieren unserem Körper, anabole Hormone wie Testosteron und Wachstumshormon freizusetzen, die dazu beitragen, die Proteinsynthese zu steigern und den Muskelabbau zu verringern. Wir setzen auch den insulinähnlichen Wachstumsfaktor (IGF-1) frei, der den Stoffwechsel beeinflusst und reguliert, wie viel Muskelmasse wir aufbauen können.
Diese Hormone sind für den Reparatur-, Wachstums- und Erholungsprozess unerlässlich. Sie sorgen auch dafür, dass unsere Satellitenzellen (die sich außerhalb des Muskels befinden) aktiviert werden. Satellitenzellen sind die primären Stammzellen der Skelettmuskulatur und verantwortlich für postnatales Muskelwachstum, Hypertrophie und Regeneration (2). Diese Zellen reparieren Muskelschäden, indem sie miteinander verschmelzen und die Muskelfasern verlängern, sodass sie stärker und etwas größer werden.
Der physiologische Prozess des Muskelwachstums jenseits von Krafttraining ist komplex und vielfältig. Dabei sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen, von der Genetik, dem Alter, dem Geschlecht und der Körperzusammensetzung bis hin zu Trainingsplan, Ernährung, Schlafgewohnheiten und Lebensstil. Die große Anzahl der beteiligten Prozesse ist einer der vielen Gründe, warum das Heben schwerer Gewichte allein nicht ausreicht, um Masse aufzubauen und die Körperform drastisch zu verändern. Deshalb haben wir eine Liste mit 6 wissenschaftlich fundierten Tipps zusammengestellt, die dir helfen sollen, Muskeln aufzubauen, deine Funktionalität zu verbessern und den Alterungsprozess zu verlangsamen.
6 wissenschaftlich belegte Tipps, um einen definierten Körper zu bekommen:
1. Iss mit einem leichten Kalorienüberschuss
Das Konzept “mehr zu essen” wenn man versucht, Muskeln aufzubauen und Fett zu verlieren, ist für viele Menschen beängstigend. Doch die Wahrheit ist, dass man mehr Kalorien zu sich nehmen muss, als man verbrennt, um das Muskelwachstum zu maximieren. Dadurch wird der Organismus in einen anabolen Zustand versetzt (3) und erhält die Energie und Proteine, die für die Reparatur, den Wiederaufbau und das Wachstum der Muskeln benötigt werden. Die Höhe des Kalorienüberschusses hängt davon ab, welche Ziele du verfolgst, wie oft du trainierst und wie hoch dein Stoffwechselbedarf ist. Wir raten dir, mit einer leichten Zunahme von 100 bis 250 Kalorien pro Tag zu beginnen und dein Gewicht wöchentlich/vierzehntägig zu beobachten. Sollte es für dich nicht möglich sein, dich abzuwiegen, dann kannst du alternativ Vorher-Nachher-Fotos machen. Stelle dabei sicher, dass du die Bilder mit gleichem Licht und in derselben Position aufnimmst.
2. Nimm genug Proteine zu dir
Eiweiß ist für das Muskelwachstum unentbehrlich, und die im Eiweiß enthaltenen Aminosäuren bilden die Bausteine der Muskeln. Aminosäuren sind an mehreren Prozessen beteiligt, darunter Gewebewachstum, Energieproduktion, Immunfunktion und Nährstoffaufnahme.
Eine Forschungsstudie ergab, dass die Aufnahme von 0,6 bis 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht (1,4-1,8g pro kg) erforderlich ist, um die maximale Muskelproteinsynthese (Reparatur und Wachstum nach intensivem Training) zu stimulieren (4).
Versuche deshalb, bei jeder Mahlzeit Eiweiß zu dir zu nehmen. Wenn es dir schwerfällt, genügend Eiweiß in deine Ernährung einzubauen, solltest du in Erwägung ziehen, Eiweißshakes aus Molke-Isolat oder auf pflanzlicher Basis zu trinken. Es ist eine der einfachsten Methoden, den Eiweißbedarf zu decken, ohne den Fett- oder Kohlenhydratanteil zu erhöhen. Das Vegan Protein von Women’s Best liefert 21,8 g Protein pro Messlöffel und das Iso Whey 25 g Protein pro Messlöffel. Wenn du mithilfe von Proteinshakes Muskeln aufbauen willst, empfehlen wir dir, mindestens 2 Messlöffel Proteinpulver pro Tag zu verwenden.
3. Vermeide kohlenhydratarme Diäten
Wenn du Muskeln aufbauen willst, dann sind kohlenhydratarme Diäten nicht zu empfehlen. Kohlenhydrate sind eiweißarm und die Hauptenergiequelle des Körpers. Sie liefern die schnellste Art von Energie, die du für dein Training brauchst, füllen deine Muskelglykogenspeicher auf und helfen gegen Ermüdung. Eine im Journal of Applied Physiology veröffentlichte Studie ergab, dass Personen, die sich kohlenhydratarm ernähren, länger brauchen, um sich zu erholen, an Kraft verlieren und eine geringere Proteinsynthese aufweisen als Personen, die sich kohlenhydratreicher ernähren (5).
Deine empfohlene tägliche Kohlenhydratzufuhr hängt von deinen Zielen und deinem täglichen Maß an Aktivität ab. Wir empfehlen, zwischen 40 und 50 % deiner täglichen Kalorien aus Kohlenhydraten zu beziehen.
4. Steigere dein Trainingsvolumen
Mit Trainingsvolumen ist die Gesamtmenge an Übungen gemeint, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchgeführt wird. Am häufigsten wird dies anhand der Gesamtzahl der Wiederholungen, der Sätze und der Belastung gemessen, die du in einem Training absolvierst (Sätze x Wiederholungen x Belastung).
Eine Studie aus dem Jahr 2015, die im Journal of Strength and Conditioning veröffentlicht wurde, ergab, dass es eine klare Beziehung zwischen Volumen und Muskelwachstum gibt. Je höher das Trainingsvolumen ist, desto mehr wachsen die Muskeln (6).
Das solltest du beachten:
- Steigere langsam dein Trainingsvolumen
- Befolge einen gut strukturierten Trainingsplan
- Trainiere bestimmte Muskelgruppen öfters (z. B. zweimal pro Woche den Unterkörper)
Eine von Schoenfeld et al. 2017b durchgeführte Untersuchung ergab, dass 5-9 Sätze pro Woche das größte Muskelwachstum zeigten (7). Wenn du ein Anfänger bist, solltest du mit 8-12 Wiederholungen und 4-6 Sätzen pro Woche beginnen, wenn du die größeren Muskelgruppen (Rücken, Brust, Beine) trainierst. Wenn du dich daran gewöhnt hast, kannst du die Anzahl langsam auf 6-10 Sätze pro Muskelgruppe in der Woche erhöhen.
5. Mache zusammengesetzte Übungen
Zusammengesetzte (Compound) Übungen sind Übungen, bei denen mehrere Gelenke und Muskelgruppen beteiligt sind. Zum Beispiel Back Rows, Squats, Deadlifts, Schulterdrücken, Klimmzüge, Liegestütze usw. Für diese Bewegungen wird viel mehr Energie benötigt und sie erzeugen eine höhere anabole Reaktion als isolierte Bewegungen. Durch diese Reaktion werden vermehrt Hormone wie Testosteron und das menschliche Wachstumshormon freigesetzt, was sich positiv auf die Reparatur, das Wachstum und die Erholung der Muskeln auswirkt (8, 9). Außerdem werden durch zusammengesetzte Übungen die stabilisierenden Muskeln trainiert, die Gelenke gestärkt und das allgemeine Verletzungsrisiko verringert.
6. Steigere dein Trainingsprogramm durch progressive Überlastung
Unsere Muskeln passen sich sehr gut an immer wiederkehrende Reize an – deshalb ist es wichtig, sie zu fordern, damit sie wachsen können. Das gelingt uns durch progressive Überlastung.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Belastung schrittweise zu erhöhen und neue Reize zu schaffen:
- Erhöhe dein Trainingsvolumen
- Mache kürzere Pausen
- Erhöhe die Zeit unter Spannung
- Verwende mehr Gewicht
Ganz egal, für welche Methode du dich entscheidest, es ist wichtig, dass du deine Fortschritte aufzeichnest, dich schrittweise anpasst und dir notierst, was für dich funktioniert und was nicht.
Schlusswort
Schön definierte Muskeln aufzubauen, ohne dabei zu muskulös zu wirken, ist definitiv ein riesiges Thema, zu dem noch unendlich viel nachgeforscht werden muss. Wir sind in diesem Artikel nur auf einen kleinen Teil eingegangen, denn es gibt so viele Faktoren zu berücksichtigen. Die 6 genannten Tipps sind jedoch ein guter Anfang und werden dir helfen, gute Ergebnisse zu erzielen.
Das Wichtigste, was wir dir mit auf den Weg geben können, ist zu verstehen, dass du dich auf einer kontinuierlichen Reise befindest. Du bist definitiv auf dem richtigen Weg, wenn du dich darauf konzentrierst, stärker und aktiver als je zuvor zu sein. Du musst dir jedoch auch realistische Ziele, Erwartungen und Deadlines setzen – nur so kannst du motiviert und konsequent bleiben.
Genießt den restlichen Tag & bis zum nächsten Post!
Mike und Viv alias MrandMrsMuscle
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Quellenangaben: 1. Schoenfeld, Brad J The Mechanisms of Muscle Hypertrophy and Their Application to Resistance Training, Journal of Strength and Conditioning Research: October 2010 - Volume 24 - Issue 10 - p 2857-2872. doi: 10.1519/JSC.0b013e3181e840f3 2. KAO R, GANOTE C, PENNINGTON D, BROWDER I. Myocardial regeneration, tissue engineering and therapy. Artificial Cells, Cell Engineering and Therapy. 2007:349-365. doi:10.1533/9781845693077.4.349 3. Slater GJ, Dieter BP, Marsh DJ, Helms ER, Shaw G, Iraki J. Is an Energy Surplus Required to Maximize Skeletal Muscle Hypertrophy Associated With Resistance Training. Front Nutr. 2019;6:131. Veröffentlicht am 20. August 2019. doi:10.3389/fnut.2019.00131 4. Phillips SM, Van Loon LJ. Dietary protein for athletes: from requirements to optimum adaptation. J Sports Sci. 2011;29 Suppl 1:S29-S38. doi:10.1080/02640414.2011.619204 5. Creer, A., Gallagher, P., Slivka, D., Jemiolo, B., Fink, W., & Trappe, S. (1985). 5. Creer, A., Gallagher, P., Slivka, D., Jemiolo, B., Fink, W., & Trappe, S. (1985). Journal of Applied Physiology, 99(3), 950-6. 6. Radealli, R., Fleck, S. J., Leite, T., Leite, R. D., Pinto, R. S., Fernandes, L., & Simao, R. (2015). Dose-response of 1, 3, and 5 sets of resistance exercise on strength, local muscular endurance, and hypertrophy. The Journal of Strength and Conditioning Research, 29(5), 1349-58. 7. Schoenfeld, B. J., Ogborn, D. & Krieger. J. W. 2017b. Dose-response relationship between weekly resistance training volume and increases in muscle mass: A systematic review and meta-analysis. Journal of Sports Sciences 35 (11), 1073-1082. 8. Kraemer, W. J., Fry, A. C., Warren, B. J., Stone, M. H., Fleck, S. J., Kearney, J. T., Triplett, N. T. (1992). Acute hormonal responses in elite junior weightlifters. International Journal of Sports Medicine, 13(2), 103-9. 9. Hansen, S., Kvorning, T., Kjaer, M., & Sjogaard, G. (2001). The effect of short-term strength training on human skeletal muscle: The importance of physiologically elevated hormone levels. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, 11(6), 347-54.